Psychologische Begriffe: „Intrinsische Motivation“
Wenn ich mich abends ans Klavier setze, um etwas zu komponieren kann es sein, dass ich die Zeit vergesse. Obwohl man das Komponieren als Arbeit bezeichnen könnte, deren Ergebnisse dazu dienen anderen Leuten Spaß zu machen, fühlt es sich so an, als würde allein das Spielen, Improvisieren, Aufnehmen und Aufschreiben der Noten den Lohn der Arbeit darstellen. Ich fühle mich gut.
Wenn ich morgens routinemäßig die Emails checke und beginne, sie zu beantworten, kann es sein, dass ich einen gewissen Widerwillen gegen diese Aufgabe spüre. Ich muss mich dann zwingen, die immer gleichen Formulierungen zu bemühen oder ad hoc Lösungen für brennende Probleme zu suchen oder Termine abzustimmen. Obwohl ich anerkenne, dass die Tätigkeit für mich und für andere wichtig ist, muss ich mir die Ergebnisse und positiven Folgen meiner Schreiberei vor Augen führen, damit ich wirklich „dran bleibe“. Wo es möglich ist, bemühe ich das Telefon, weil diese Art der Kommunikation wesentlich effizienter ist. Ich fühle mich etwas „genervt“.
Vielleicht ist es bei Ihnen gerade anders herum, vielleicht liegt ihnen keine der Alternativen oder sie „mögen“ beide. Entscheidend ist, dass wir alle Tätigkeiten kennen, die uns um ihrer selbst Willen Spaß machen. Und auf der anderen Seite Tätigkeiten, zu denen wir uns zwingen müssen, weil wir spüren, dass sie wichtig sind und ihre Ergebnisse entscheidend sein könnten – für uns oder für andere.
Psychologen sprechen im ersten Fall von „intrinsischer Motivation“: Tätigkeiten, die uns intrinsisch motivieren, sind sozusagen Selbstzweck. Wir würden sie aus purer Freude ausführen, selbst wenn wir nichts dafür bekämen. Tennis oder Fußballspielen, Klatsch und Tratsch austauschen, sich (zeitweise) mit Kindern beschäftigen oder Singen gehören für viele Menschen dazu. Kurz: Intrinsische Motivation kommt aus der Tätigkeit selbst.
Dagegen kommt „extrinsische Motivation“ aus Quellen, die außerhalb der Tätigkeit und uns selbst liegen. Routineaufgaben und Hausarbeit gehören dazu, aber auch zum Beispiel viele Aktivitäten, die wir unternehmen, wenn wir eine Diät machen oder unsere Kinder ausbilden oder generell Probleme in Beruf und Privatleben lösen.
Im Allgemeinen empfehlen Psychologen, sich wo möglich intrinsisch motivierende Tätigkeiten zu suchen und diese auszuleben. Wie kommt man zu diesen Tätigkeiten? Die einfachste und zugleich wirksamste Strategie ist, sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihnen eine (Berufs-)Tätigkeit wirklich Spaß macht, probieren Sie es aus oder stellen Sie sich diese Tätigkeit mit allen Sinnen und sämtlichen zugehörigen Situationen vor. Was fühlen Sie? Ein angenehmes Kribbeln und den Wunsch, loszulegen oder ein unangenehmes Ziehen und die Tendenz, von der Idee Abstand zu nehmen?
Für Eltern, Führungskräfte und Coaches ist es in der Regel entscheidend zu wissen, was Ihre Kinder/Mitarbeiter/Klienten intrinsisch motiviert. Denn ein Ergebnis zieht sich wie ein roter Faden durch die Motivationsforschung: Intrinsisch motivierte Personen sind nicht nur zufriedener, sondern auch durchweg erfolgreicher in dem, was sie tun.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Hinterlasse eine Antwort
Hinterlasse eine Antwort