Glück: Nicht allein eine Sache des Glücks
Interview mit dem Psychologen und Glücksforscher Dr. Stephan Lermer, Sorbas 1/2009
Teil 3
SORBAS: Es gibt Psychologen, die behaupten, dass das Glück im Umbau des Gehirns liegt. Gemeint ist damit wohl, dass wir lernen müssen, negative Erfahrungen nicht immer wieder im Kopf zu recyclen und mit düsteren Bewertungen zu interpretieren. Wie können wir negative Emotionen dämpfen und so herunterregeln, dass sie uns das Glücklichsein nicht immer wieder vermiesen?
Stephan Lermer: Seit Freud wissen wir, dass der Mensch durch Leiden lernt. Aus der Raupe wird der Schmetterling, weil er seinen Kokon akzeptiert. Leidvolle Erfahrungen können wir etwa dadurch besser bewältigen, dass wir unsere Einstellungen dazu verändern, sie als vorübergehend betrachten und darauf vertrauen, dass sie das Vehikel zu etwas Neuem sind. Glück hat viel mit Vertrauen zu tun, und zwar mit dem Vertrauen dem Leben gegenüber.
SORBAS: Bereits in der Antike haben sich die Philosophen viele Gedanken über das Glück gemacht und Rezepte für ein gelingendes Leben entworfen. So verstand Aristoteles das Glück als Weise des Lebensvollzugs. Er sah darin weniger einen glücklichen Zufall, der vom Gang der Welt abhängt, sondern einen Prozess, an dem wir durch unsere Einstellung und Art der Lebensgestaltung aktiv teilhaben. Welches sind Ihrer Meinung nach nun die Bedingungen, unter denen ein Mensch sein Leben als glücklich erfährt?
Stephan Lermer: Der Mensch kann lernen, das Glück zu sich einzuladen, indem er ihm einen würdigen Landeplatz bereitet: Ein extravertiertes Leben führen. Dem Leben mit einem Lächeln begegnen. Liebe für sich und andere verströmen. Echte, nutzbringende Leistung, die anderen gibt, was sie benötigen. Dies alles sind mögliche Wege zum Glück.
SORBAS: Ist es demnach Selbstlosigkeit, die glücklich macht?
Stephan Lermer: Mit Selbstlosigkeit hat das nichts zu tun. Sich selbst zu verleugnen führt zu nichts. Wir brauchen einen gesunden Egoismus, um existieren und überleben zu können. Der bessere Weg ist die Empfehlung aus dem Matthäusevangelium, die da lautet: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Der Königsweg zum Glücklichsein führt jedoch über das Abenteuer. Vielleicht eine Firma gründen. Durch den Dschungel radeln. Kurz: Sich etwas zutrauen und aus sich herausgehen.
Wird fortgesetzt. Lesen Sie morgen den letzten Teil des Interviews.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Hinterlasse eine Antwort